Natur! Erleben! Sommer! Walnussbaumblätter!

Von einer Fortbildung im Freien

Text: Markus Block

Endlich Sommer! Wärme, Licht, Wohlgefühl! Vor allem nach den harten Corona-Wochen drängt es uns raus, ins Freie, an die frische Luft, in die Natur, in den Wald. Durchatmen, Freiheit genießen, lang nicht mehr gemachte Erfahrungen erleben. Wenn bloß diese Mücken nicht wären…

„Nehmt einfach ein Blatt vom Walnussbaum, brecht es und reibt Euch mit der austretenden Flüssigkeit ein. Und schon ist Schluss mit dem Mückenärger,“ sagt Irmi. Und Irmi muss es wissen. Sie verbringt diesen Sommer nicht nur auf einer Alm zwischen Tegernsee und Lenggries, kennt sich daher bestens aus mit den kleinen nervenden Flugtierchen. Irmi Baumann ist auch Bergwanderführerin, Resilienztrainerin – und vor allem Naturcoach. Und in dieser Funktion unsere Begleiterin in den kommenden elf Monaten.

Wir wiederum – das sind insgesamt zehn naturliebhabende und erlebnishungrige Anwärter auf die Fortbildung zum Natur- und Erlebniscoach. Acht Frauen, zwei Männer, zwischen Ende 20 und Anfang 50, Lehrerin, Event Managerin, Kindergärtnerin, PR Manager, Bürokauffrau, Musikpädagogin und - ja, wirklich – Gleitschirmflieger. Unsere beruflichen Hintergründe könnten kaum unterschiedlicher sein. Dennoch sitzen wir an diesem wunderschönen warmen Samstag ab neun Uhr gemeinsam, aufgeregt und lernbegierig in einem Wald bei Freising.

Unterschiedliche Hintergründe, gemeinsames Ziel

Verbunden sind wir alle durch unsere starke Liebe zur Natur, zum Draußensein, zum Bewegen, Lernen und Lachen unter freiem Himmel. Und so haben wir uns an diesem sonnenreichen Samstag gemeinsam auf unseren Weg begeben, innerhalb eines knappen Jahres die Ausbildung zum Natur- und Erlebniscoach zu machen. 

Erdacht, konzipiert, organisiert und durchgeführt wird diese Ausbildung von der Döpfer Akademie, einer der führenden Anbieter von Aus-, Fort- und Weiterbildungen in Deutschland. Für die Leiterin der Akademie, Carolin Göppel, ist diese neue Fortbildung ein weiterer Schritt hin zu einem umfassenden Angebot für alle Naturliebhaber.

An diesem ersten Wochenende geht es – neben dem gegenseitigen Kennenlernen – um die innere Haltung sowie um Rolle und Selbstverständnis als Coach. Um die Haltung als Coach. Um die – fließende – Grenze zwischen Coaching und Therapie. Um Inhalt, Zweck, Format und Ablauf eines Coachingprozesses. Um Zuhören, Fragen, Nachfragen – und die Schwierigkeit, Pausen aushalten zu können.

Klingt alles nach viel Theorie. Ist es auch. Sogar sehr viel Theorie. Aber Irmi und Tobi schaffen es trotzdem, die ersten beiden Tage so zu gestalten, dass sie wie im Fluge vergehen zu scheinen. Tobi – offiziell Tobias Friedl - ist der Mann aus dem Wald. Oder besser, der Mann mit dem Wald. Denn ihm gehört das Stück wunderschöner Natur, in dem wir das erste Wochenende verbringen dürfen. 

Tobi hat es in den letzten Jahren zu seinem Arbeitszimmer gemacht. Vor allem hier arbeitet er als systemischer Coach, um Menschen auf ihrem beruflichen Weg zu helfen, Teamschwierigkeiten im Büroalltag zu moderieren oder Unternehmen bei der Aufgabe, unterschiedliche Generationen zu einem starken Miteinander zu entwickeln, zu unterstützen.

Es gibt keine Wirklichkeit

Und so stürzt sich Tobi mit uns in die Welt des Coachings. Wir lernen, was Coaching bedeutet, was gutes von schlechtem Coaching unterscheidet, wie man das Verhältnis zum Coachee aufbaut, vertieft und zielführend gestaltet. Wir lernen, dass Ratschläge auch Schläge sind. Dass Empfehlungen empfindlich weh tun können. Dass niemand und jeder recht hat. Und dass Coaching vor allem und in erster Linie immer Hilfe zur Selbsthilfe ist. 

Darauf kommt es also an. Nicht immer eine Lösung zu finden. Nicht immer zwischen richtig und falsch zu unterscheiden. Sondern vielmehr auf Basis vorhandener Werte und Ideale ein Ziel zu formulieren, das dann gemeinsam erreicht werden kann. Oder zumindest soll. Denn oft ändert sich das Ziel auch auf dem Weg. Coaching ist also immer ziel-, und nie ursachenorientiert.

Und wir erkennen, wie eng Ziel, Motivation und Erfahrung zusammenhängen. Auch im negativen Sinn. Tobi: „Keine Handlung kann richtig sein, wenn das Motiv falsch ist.“ Coaches können also auch Beratungen ablehnen oder abbrechen, wenn für sie die gemeinsame Arbeit keinen Sinn mehr macht, falsch erscheint oder den eigenen Werten und Idealen widerspricht.

Theoriemodelle und Praxiseinheiten

Corona zeigt uns seit Mitte März, wie wichtig Nähe ist. Tobi zeigt uns Mitte Juni, wie Menschen unterschiedliche Ausprägungen von Nähe & Distanz, von Dauer & Wechsel brauchen, um sich selbst zu entfalten. Zuverlässigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Perfektionismus, Entscheidungsstärke, Bescheidenheit, Einfühlsamkeit, Freiheitsliebe, Skepsis oder Ungeduld – jeder Mensch ist hier anders aufgestellt. Als Coach ist es immens wichtig, diese Ausprägungen nicht nur zu erkennen – sondern sinnstiftend in den Coachingprozess einfließen zu lassen. 

Doch neben diesen theoretischen Modellbeschreibungen schaffen es Irmi und Tobi immer wieder, durch praktische Einheiten – in Gruppen- oder Zweieraufgaben – Dynamik in die Ausbildung zu bringen. Irmi: „Schon mal berufliche Distanz zum Team mit Hilfe von Naturmaterial dargestellt? Geht, mit Kreativität, Teamgeist und Spaß!“

Wir lernen an diesem ersten Wochenende auch, in einer sinnvollen Reihenfolge unsere Brillen zu wechseln. Denn die Beziehungsbrille, die Verständnisbrille und die Lösungsbrille haben unterschiedliche Aufgaben im Ablauf eines Coachingprozesses. Immer gleich mit der Lösungsbrille zu starten ist auf jeden Fall der falsche Ansatz.

Und so geht es ausführlich um den passenden Ablauf des Coachingprozesses – zuerst in Theorie, dann ausführlich praktisch. Und so lernen wir intensiv, wie anstrengend dieser Weg sein kann, wie sehr man eigene Erfahrungen und Erlebnisse hintanstellen muss, wie schwer Zuhören sein kann. Und doch: Nach einigen Übungen stellen sich erste Erfolge ein. Die Lernkurve wird steiler, die positiven Gefühle größer.

Aktiv zuhören. Ein Widerspruch in sich?

Vor allem das aktive Zuhören hat es in sich. Es geht um Wertschätzung, um Ernstnehmen, um Verständnis, Emotion und Mitgefühl. Um das richtige Einordnen des Gehörten, um zielorientiertes Nachfragen. Um das Erkennen positiver und negativer Erfahrungen, um das Einordnen von Zielen und Motiven. Und um das Finden eines Auswegs aus der aktuellen Situation.

Wir lernen, Ressourcen zu erkennen, Außenperspektiven einfließen zu lassen, Erklärungen zu formulieren und Unterschiede aufzudecken. Und nach zwei intensiven und heißen Tagen wissen wir – wir sind heiß. Heiß auf zehn weitere Ausbildungswochenenden!                       


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